Bueno ist eines der meist benutzten Wörter hierzulande. Sie werden es häufig hören und sollten es Ihrerseits verwenden.
Schon um zu signalisieren, dass Sie kein deutscher Quadratkopf sind, der ewig meckert und kritisiert.
Denn wörtlich ins Deutsche übersetzt, bedeute bueno: gut.
Auch lieb, gütig, brav, freundlich, richtig oder tüchtig kann gemeint sein, die Liste möglicher, komplett positiv besetzter Entsprechungen ist lang und flexibel.
Okay, erfreulich, schön, in Ordnung. Bueno ist das Zauberwort, es vermittelt (Ein)- Verständnis, Zugehörigkeit, zugleich Wissen um die geheimen kulturellen Codes.
Alles, was einem einleitenden „bueno“ folgt, ist schon weichgespült. Signalisiert gutgläubige Zustimmung.
Insofern besitzt es in psychologischer Hinsicht einen enormen Mehrwert, denn Canarios schätzen streitbare Auseinandersetzungen wenig.
Gemächlich und gemäßigt soll das Leben hier von statten gehen, da sind eifernde Streithähne oder Stresshamster nicht gern gesehen.
Kritik ist prinzipiell unerwünscht, bueno hingegen verheißt ein Friedensangebot.
Als mehrdeutiges Füllsel bildet es die Allzweckwaffe optimistischer Neutralität.
Nehmen wir an, Sie haben einen beliebigen Termin, der – wie üblich – nicht eingehalten wird. Dann äußern Sie keinesfalls Kritik, sondern Verständnis.
Sie sagen etwa:
Bueno, sicherlich gibt es zu viel zu tun. Das kann ich mir vorstellen, ich sehe, was los ist. Wie hart ihr arbeitet! Unglaublich. Wird Zeit, dass das Wochenende kommt, da könnt Ihr Euch ein bisschen ausruhen. Vielleicht klappt es mit meinem Termin an einem anderen Tag? Nächste Woche? Ach, nicht? …Bueno. Vielleicht klappt es in zwei Wochen? Mal sehen? Sehr gut, toll, vielen Dank.
Der Effekt der Gewöhnung an diese Art der Kommunikation setzt rasch und vollständig ein, sobald Sie verstanden haben, dass der einzige Weg zu einer realisierten Übereinkunft über ein Bueno führt, niemals über ein Aber oder gar Protest.
Auch ich arbeite in dieser Hinsicht hart an mir, aber noch immer bin ich mir ein wenig peinlich.
Ein simpler Einkauf genügt:
„Bueno“, sage ich gelehrig beim Anblick eines völlig überteuerten, beschädigten Objektes.
Wäre ich vollständig assimiliert, würde ich überschwänglich danken, zahlen und zufrieden sein. Nur die unverbesserliche Deutsche in mir setzt (noch) nach:
„Oder …gibt’s das auch in Nicht-kaputt?“
Das unscheinbare Wörtchen bueno findet in sämtlichen Lebenslagen Verwendung. Es schafft, wo nötig, emotionale Distanz.
Einmal wurde ich Zeugin eines ebenso verstörenden wie erhellenden Gesprächs an der Supermarktkasse unter zwei Mittdreißigerinnen:
Kassiererin: „Hallo, wie geht’s? Hab dich lange nicht gesehen.“
Kundin: „Gut. Sehr gut. Danke. Und dir?“
Verkäuferin: „Sehr gut. Alles gut. Und wie geht es deinem Bruder, er war doch krank?“
Kundin: „Ja, er war krank, das war nicht einfach, immer im Krankenhaus.“
Verkäuferin: „Oh Gott … War er lange im Krankenhaus?“
Kundin: „Nein, nicht lange, es ging. Also zwei Monate ungefähr.“
Verkäuferin: „Sehr gut, dann ist er jetzt zu Hause?
Kundin: „Nein, er ist gestorben, aber bueno.“
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