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Erbarme dich, umarme mich

In der guten alten Höhlenzeit, waren die Fronten klar:

Neandertaler oder Cro – Magnon - Mensch?


Unterschlupf oder Falle?


Jäger oder Beute?


Vieles von dem, was unsere Vorvorfahren in existenziellen Lektionen erfahren haben, steckt uns im Unterfutter.


Ein Stück vom Fell lugt immer unterm Seidenkleid hervor.


Die meisten ehernen Überlebensgesetze sind uns nicht bewusst, aber derart ins Mark gesickert, dass wir uns an die Basisregeln der Steinzeit halten, ohne darüber nachzudenken.

Erkenntnisse, die sich aus blutigen Opfern speisen, haben unsere lebendige Existenz gesichert.


Möchten Sie im Restaurant lieber mit dem Rücken zu Wand sitzen oder hinter sich freien Raum voller Unbekannter? Eben.


In südlichen Ländern, wo wir einander immerzu herzen, berühren und gerne auch küssen, herrscht physisch begründeter emotionaler Notstand.


Corona hat dafür gesorgt, dass wir elementares Verhalten zwanghaft unterdrücken.

Umarmen? Besser nicht. Geimpft, schön und gut, aber wer weiß?


Das Ohr kosen? Die Wange mit den Lippen berühren? Den Brustkorb umschlingen? Derzeit lieber nicht.


Der Körper, das arme Ding, hat nicht bloß Entzugserscheinungen sondern vor allem mehr Angst als je vorher.


Die Kuschelkontrolle fällt weg.


Wer seinem Gegenüber nicht näher kommt als eine ausgestreckte Armlänge, kann nicht Witterung aufnehmen.


Wer nicht die Handinnenflächen sieht, kann nicht sicher sein, ob sie sich zur Faust ballen oder heimtückisch eine Waffe verbergen.


Die wunderbare Sitte der Umarmung entspringt in Wahrheit tiefstem Misstrauen!


Öffnen wir die Arme, gleichzeitig bitte, zeigen wir, dass wir wehrlos sind, der Brustkorb frei, das Herz zugewandt.


Sicheres Tötungsareal.


Aber nicht doch. Leg das Messer weg und umarme mich.


Umarmen ist uns Menschen wesensimmanent und notwendig.


Japaner bezahlen für die Umarmung durch einen wildfremden Menschen auf der Straße.


Soweit sollten wir es nicht kommen lassen.


Die Sehnsucht nach einer Umarmung treibt alle Wesen um, so dichtete schon Wilhelm Busch:


„Da saß an einem Wasser Ein Frosch, ein grüner, nasser; Der quakte ganz unsäglich Gottsjämmerlich und kläglich ‚Erbarme dich, erbarme dich, Ach, küsse und umarme mich!‘“

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