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Neue Besen und alte Ängste

Dein Partner sagte heute Morgen, er wünsche sich jetzt ganz dringend einen Pool. Hinterm Haus, das noch lange nicht abbezahlt ist.


Deine Liebste träumt von einem Koikarpfenteich. Mit Karpfen zu Stückpreisen eines Südfrankreichurlaubs für die ganze Familie.


Wovon die Kinder träumen, verdrängst du jetzt besser.


Denn eben hat sich der neue CEO der Belegschaft vorgestellt. Es gab Kaltgetränke und altbackene Kekse.


Dazu einen Faustschlag in den Magen.


Denn er hat einen Plan, der er unverzüglich in die Tat umsetzen wird, wie er schief lächelnd sagt.


Zweihundertsechzehn Stellen werden abgebaut, in der ersten Phase. Sozialverträglich selbstverständlich, schmunzelt der CEO.


Sein Haar ist leicht gegelt im Stirnbereich, wo ihm schon speckige Geheimratsecken wachsen.


Er ist etwa so alt wie dein Neffe, trägt eine beknackte, viereckige Hornbrille und einen Anzug, der zwei Nummern zu klein wirkt.


Das trägt man jetzt so.


Du fragst dich, wann er sich diesen Plan zurechtgelegt haben mag. Er kennt euch doch gar nicht. Ihr kanntet ihn aus dem Fernsehen. Den sie angeblich Hai nennen, weil er einen Topfen Blut auf Hunderte Meter wittert. Sein Vorgänger macht jetzt in Kosmos.


Er wolle euch kennenlernen, säuselt er, ehe er seine endgültigen Entscheidungen trifft. Zügig kennenlernen. Jetzt feixt du auch.


Könnte er sich nicht erstmal seinen S-Fehler abtrainieren, ehe er als die neue Wunderwaffe auftritt, denkst du oberlehrerhaft, dabei weiß jeder, dass wer oben sitzt, überhaupt nichts mehr muss.

Und die ganze Zeit über bleckt er seine kindlichen Hasenzähne.


Du spürst Lust, ihm die auszuschlagen, aber du versuchst, zurück zu lächeln. Wie alle, die ihr ihm gegenübersitzt.


Ein paar Arschlöcher applaudieren zaghaft, als der neue Boss verkündet, er werde noch heute sein Projekt der Umstrukturierung der Firma angehen.


Dann verlässt er den Saal.


In dem nicht etwa Tumult ausbricht, wie du erwartet hast, sondern vollkommene Stille.

Du wirst gehen müssen.


Egal, was mit dem Pool wird oder den Kois. Und deinen Projekten, an denen du hängst. Das erträgt man jetzt so.


Reiß dich zusammen.


Zeige dich optimistisch, denkst du.


Erzähl es daheim locker, kein Problem. Aber du weißt, dass das heute nicht geht und nicht morgen.


Niemand außer dir sollte wissen, was in dir vorgeht, denkst du.


Die dämliche Wahrheit ist: Du siehst weit und breit keinen Ausweg.


Bloß das Aus.


Dann gibt es nur einen Weg: Vorwärts.



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