top of page

Zeit für Veränderung

Aktualisiert: 29. Sept. 2020


Veränderung…ja!


Klingt super. Irgendwie progressiv. Neu, mutig, anders, frisch.


Wandel ist schließlich die Grundprogrammierung unserer Existenz und kann Spaß bereiten.


Jugendliche Risikofreude sogar schwingt mit.


Das passt, so sehen wir uns schließlich: beweglich, flexibel, wandelbar, vorwärts orientiert, energiegeladen, kreativ.


Soweit so klar: Veränderung solange sie uns freiwillig betrifft, ist prima.


Eine reizende Abendveranstaltung oder ein kräftezehrender Marathon.


Nichts wird uns aus der Bahn werfen, alles unter Kontrolle.


Selbstredend werden wir uns VERBESSERN.


Soweit der Plan.


Was aber, wenn die Veränderung ungebeten hereinpoltert? Brutal über Sie hereinbricht?


Sie werden gefeuert.


Ihr Haus brennt ab.


Ihre Eltern werden zum Pflegefall.


Sie erleiden einen Schlaganfall mit irreparablen Schäden und es ist absehbar, dass sie nicht mit sechsundsechzig Jahren auf Ihrer Harley die Route 66 entlang brausen, wie Sie es sich seit Ihrem dreiunddreißigsten Geburtstag ausmalen.


Mit etwas Glück werden Sie einen Rollstuhl eigenmächtig bedienen können.


Ich bin nicht gemein, ich bin realistisch. Aus eigner Erfahrung weiß ich, dass die Veränderung fies sein kann, eine, um die man niemals bitten würde.


Fakt ist, wenn wir von Erneuerung träumen, kalkulieren wir, dass wir die Dinge in der Hand haben. Sich steuern lassen, regulieren falls nötig.


Unaufmerksame Verkehrsteilnehmer, niederträchtige Personalchefs, gewissenlose Börsenhasardeure bedenken wir nicht, obwohl wir Deutschen als die absicherungswütigste Nation weltweit gelten und jeder von uns durchschnittlich sechs Versicherungen besitzt.


Versicherungen gegen beinahe alles sind möglich.


Nur SCHEITERN, scheitern kommt nicht vor in unserer Lebensplanung.


Und falls doch, dann als unwahrscheinliche Option, der wir uns mutig entgegenwerfen und als strahlender Held auferstehen.


Will sagen: Veränderung kann ein Desaster bedeuten.


Selten sitzt man beim Italiener, löffelt sein Tiramisu und beschließt spontan, sein Leben umzukrempeln. Den unwiderstehlichen Drang zur Veränderung verspüren wir in der Regel zu einem Zeitpunkt, wenn es gar nicht mehr oder allzu gut läuft.


Auch zu schön und vorhersehbar ist öde.


Vielleicht langweilen Sie sich in Ihrem Lebensentwurf? Bei der schleichenden Vorstellung, dass es das schon gewesen sein soll und Sie jetzt zügig Richtung Pensionierung schippern, wird Ihnen unbehaglich.


Sie haben ein Handicap, Ihr zweitliebstes Automodell steht in Ihrer Garage. Das allerliebste können Sie sich nicht leisten, lassen sich das aber nicht anmerken. Sie gelten als etabliert, Sie haben Ihr Aus-und Einkommen. Ihre Freunde sind wie Sie, privat unauffällig, optisch einander nach all den Jahren ähnlich, selbst die Steingärten zum Verwechseln. Wer ausschert, fliegt aus dem Kreis. Tja.


Ihre Frau macht Yoga. Ihr Gatte fällt die Karriereleiter hinauf.


Dann über eine sehr junge Mitarbeiterin her.


Eigentlich wollten Sie ihn verändern, weil er ihnen nicht mehr genügte. Jetzt genügen Sie ihm nicht. Er setzt auf Austausch ganz ohne Kommunikation.


Da haben wir es: Veränderung bedeutet zugleich eine Menge Abschied.


Verliere ich Tim, aber gewinne mehr Tinderkontakte? Mehr Spaß im Bett? Oder mehr einsame Nächte? Sonntagnachmittage? Weihnachtsabende?


Was wird aus meiner Perserkatze, wenn mein neuer Gefährte unter einer Tierhaarallergie leidet?


Was geschieht, wenn Ihr Hang zu Abenteuer und Survivalexperimenten ausufert?


Bowling am Samstagabend, Wildwasserrafting im Kinderbecken, dann aber berauscht von Adrenalin gieren Sie nach mehr: Freeclimbing. Paragliding. Besteigung eines Sechstausenders. Zu Fuß durch die arktische Taiga.


Reden Sie sich bitte nicht ein, dass Sie ganz und gar von allein darauf gekommen sind, dass Sie in der Arktis die Jagdgewohnheiten der Athabasken kennenlernen wollten. Sie brauchten, hieß es in der Chefetage endlich mal Wind um die Nase, Beweise Ihrer Risikofreude und Fitness, so alt wie Sie sind.


Der Freundschaftsanfrage eines ausgewachsenen Eisbären konnten Sie knapp und lädiert entkommen. Heimgekehrt suchen Sie „eine neue berufliche Herausforderung“ und haben sich auf die Warteliste für einen Kleingarten setzen lassen.


Die Kernfrage lautet: WOLLEN ODER MÜSSEN Sie etwas und/oder sich verändern?


Sogar wer nur austauschen will, sollte einkalkulieren, dass VERLUST Teil des Wandels ist.


In jedem Fall lohnt es, jegliche Veränderung zu durchdenken, durchzuspielen mit allen Konsequenzen. Das kann sehr viel Spaß machen.


Vor allem, wenn Sie dabei nicht an sich denken, sondern an


a) jemanden, den Sie gern mögen

b) jemanden, den Sie nicht ausstehen können


Wie ist es also, WOLLEN Sie eine Veränderung oder WERDEN SIE DAZU GEZWUNGEN?


Das macht einen (un)feinen Unterschied.


Konsequenzen haben beide Optionen. Einige davon können schmerzhaft sein, für Sie oder andere.


Malen Sie sich den Worst Case aus.


Sie können verlieren.


Es kann ein schreckliches Ende nehmen.


Möglicherweise.


Möglicherweise aber werden Sie sich noch lange nach einer gravierenden Veränderung die Frage stellen, warum habe ich mich nicht früher getraut?


Nach einer Pandemie wie dieser stellen sich viele Menschen die Frage, wie es weitergehen kann und soll.


Seien Sie mutig.


Es ist Ihre Zeit für Veränderung. Probieren Sie es aus.

16 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

留言


bottom of page